Von Beit Sahour ans Tote Meer


Nach ausgedehnter Nacht bei Wasserpfeife und Taibeh Bier oder Stern von Bethlehem Rotwein führt uns der Weg zu Fuß zu den Hirtenfeldern der Weihnachtsgeschichte, denn sie liegen gerade um die Ecke. Gesänge anderer Gruppen motivieren auch unsere eher säkulare zu ungeahnten und ungekannten musikalischen Höhen.




Tati tritt an die Kanzel -man beachte Farbe des Altartuchs und Farbe der Sonnenbrille- und alle hören zu. Bei unserer Reise durch die besetzten Gebiete -oder umstrittenen Gebiete?- oder Westbank (einem Ausdruck der Briten) oder Judäa und Samaria (einem Ausdruck der religösen jüdischen Nationalisten) geht es natürlich auch um die Sicherheitssperranlage oder Mauer. Auch hier wieder Ausdrücke mit eingebauter Perspektive. Die meisten Israelis nehmen den Rückgang der Selbstmordattentate nach dem Bau der Sicherheitssperranlage in Folge der zweiten Intifada von 2000 wahr, die Palästinenser sehen das Trennende der Mauer und heben diese Perspektive z.B. durch ein eigenes vom berühmten anonymen Künstler Banksy ausgestattetes Mauerhotel in Bethlehem hervor. Einigen kann man sich historisch darauf, dass die Region von den Römern nach der Vertreibung der Juden nach dem Bar Kochba Aufstand zwar Palästina genannt wurde, die dort lebenden Araber sich aber bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts nicht als Palästinenser verstanden, denn das Volk, von dem die Römer diesen Namen borgten, die Philister, waren längst in der Gesamtbevölkerung aufgegangen und die PLO sprach in ihrer Gründungscharta zwar vom arabischen Recht auf das Land mit nichten aber von den Palästinensern. Deren Nationalismus entwickelte sich analog zum israelisch-jüdischen. Die Sperranlage, von der nur 4 % Mauer sind, fällt uns kaum auf, behindert aber natürlich den Alltag der Bewohner massiv, hauptsächlich aus Sicherheitsgründen.

Blick auf die Sperranlage
Unsere erste Station an diesem Morgen ist das Herodion, eine Palastanlage mit Burgfestung von Herodes dem Großen, einem bei den Juden äußerst unbeliebten aber dennoch baulich über die Jahrtausende sehr erfolgreichen König (Westmauer, Tempelberg, Herodion, Massada etc.). Uns ist Herodes vom historisch unbewiesenen Kindermord der Weihnachtsgeschichte bekannt.Er starb historisch gesichert im Jahre 4 vor Christus, was wiederum bedeutet, dass unser Jahr 0 kann nicht stimmen kann. Christus ist wahscheinlich 7 v. Chr. geboren. Hier heißt das sowieso nicht AD sondern CE (= Christian Era, als eine von mehreren).

Die Gruppe blickt vom Herodion Richtung Bethlehem
Das Herodion
Vom Herodion hat man einen atemberaubenden Blick über die judäischen Berge, die als Regenschattenwüste sehr wasserarm sind.Das Wasser ist deshalb auch heute ein Streitpunkt und wird auch für Propagandazwecke eingesetzt. Die Israelis halten sich gegenüber der Palästinensischen Autonomie und den Jordaniern weitgehend an die im Oslo-Vertrag eingegangenen Verpflichtungen, so erfahren wir von Tati. Wir verlassen die Festung über ein Tunnelbauwerk und begeben uns in die Geburtskirche nach Bethlehem, einem Grottensystem, in dem in früheren Zeiten Hirten Zuflucht suchten. Der Busbahnhof von Bethlehem war mir neu und könnte größere Pilgermassen fassen. Obwohl sich diese gegenwärtig in Grenzen hielten, lohnte es sich für uns nicht, die lange Wartezeit an der Geburtsgrotte in Kauf zu nehmen. Die Wirtschaft vor Ort, auch die Gastronomie, ist dringend auf Gäste angewiesen, aber auch das Essen schmeckt hervorragend und so verzichten wir wieder einmal auf unser Intervalfasten und geben uns den kulinarischen Freuden hin.
Der Busbahnhof von Bethlehem mit Getümmel
So reiste man früher - mit Rastmöglichkeit
Es weihnachtet.
Es schmeckt.
Zurück über Beit Sahour und Jerusalem geht es jetzt in den Jordangraben, von 800 m Höhe auf 400 m Tiefe.
Die Taufstelle, der Jordan, Jordanien und Reiseteilnehmer
Wir besuchen Kassr el Yahud, die Taufstelle Jesu am Jordan und anschließend Jericho, wo wir ebenfalls ein Stützungsprogramm für die örtliche Dattelproduktion und Souvenir-Shops auflegen.Leider haben sich die wirtschaftlichen Erwartungen, die mit den Oslo-Verträgen verbunden waren, nicht erfüllt, ein radikal-religöser Jude ermordete Rabin, radikal-religiöse Muslime sorgten mit ihren Bus-Attentaten dafür, dass Netanjahu (Mr. Security) 1996 zum Premier gewählt wurde, der den Friedensprozess bremste. Als allerdings die israelischen Wähler 1999 dem Frieden mit der Wahl von Ehud Barak eine weitere Chance gaben und Bill Clinton in Camp David tatkräftig bei der Geburt helfen wollte, fehlte es auf der anderen Seite zu einem mutigen Schritt, ebenso wie 2007 als Premier Olmert ein noch besseres Angebot machte. So wurde nichts aus dem Traum von einem florierenden Jericho. Trotzdem zeigen Villen und Autos, dass nicht alle Bewohner in Armut, manche sogar in Saus und Braus leben.
Blick hin
Blick zurück
Dattelkauf in Jericho
Wir bescheiden uns heute mit der Jugendherberge von En Gedi, die malerisch am Toten Meer gegenüber den ins Abendrot getauchten Bergen von Moab liegt ... und freuen uns aufs Abendessen.




Und auch für die abendliche Reflexionsrunde ist vorgesorgt.





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